Kein Ort der Welt kann die Heimat ersetzen
Rundfahrt, Verkehrsgunst, Wein und Architektur
Geologen tun sich da nicht schwer. Für sie ist der Kaiserstuhl schlicht ein Mittelgebirge
Wenn man so will, spielt dieser kleine Höhenzug in der gleichen Liga wie der Schwarzwald. Die höchste Erhebung am Kaiserstuhl misst 557 Meter über dem Meeresspiegel, es ist der Totenkopf. Jeder hier kennt ihn, wegen des Fernmeldeturms und weil er von einigen Wanderwegen gekreuzt wird. Aber eben: gemessen an den Schwarzwaldbergen ist der Totenkopf natürlich ein winziger Zwerg und überhaupt hat der ganze Kaiserstuhl mit einer Länge von 16 Kilometern und einer Breite von 12 Kilometern ja wirklich nur bescheidene Ausmaße. Aber daran scheren sich die Menschen rund um den Kaiserstuhl nicht, sie zählen auch jene Städte und Gemeinden, die Stadt Breisach eingeschlossen, großzügig zum Kaiserstuhl.
Eine unvergleichliche Landschaft
Es sind ja auch nicht die nackten geologischen Fakten, die den Kaiserstuhl – und den Tuniberg daneben – interessant machen. Es ist diese unvergleichliche Landschaft. Sie ist entstanden, wir verlassen uns da auf Berufenere, vor rund 19 Millionen Jahren. Die Erde bebte, Vulkane schafften sich Platz, eben auch in dieser Region. Ein mächtiger Vulkan blubberte sich aus dem Boden, er überragte rasch das ebene Gebiet drumherum – um gut 1000 Meter, haben Forscher später herausgefunden. Erosionen haben das Meiste im Laufe der Jahrmillionen davon wieder abgetragen, wie gesagt, selbst die höchste Erhebung dieses Vulkangebirges, der Totenkopf, ist ja eher nur als bescheidenes Bergle zurückgeblieben. Aber der Feuerausbruch, die Lavaströme, haben sichtbare Spuren hinterlassen. Der artenreiche Trockenrasen in den Vogtsburger Teilorten an der Schelinger Alm, einem beliebten Naherholungsgebiet, verdankt seine Entstehung wohl dem kalkigen, kieselsäurearmen Vulkangestein im Bereich des inneren Kaiserstuhls. Karbonatite heißt das Gestein, es kommt in Mitteleuropa nur am Kaiserstuhl vor. Oder das Phonolithe-Gestein, das in Bötzingen abgebaut wird. Auch es ist einmalig, auch es hat mit der Erdgeschichte zu tun. Was dort aus dem Gestein kommt, ist vielfältig nutzbar. Für die Bauindustrie sowieso, aber längst kommt auch der größte Teil des Naturfangos vom Kaiserstuhl – mit einem Gruß vom Vulkan, wenn man so will. Noch prominenter freilich ist das Lössgestein, das den größten Teil des Mittelgebirges bedeckt. Es ist wohl Millionen Jahre nach dem Vulkanausbruch während der folgenden Kaltzeiten entstanden – Löss hat eine hohe Wasserhaltekraft, und die hervorragenden Kaiserstühler Weine verdanken ihm wohl auch einen Gutteil ihrer unbestreitbaren Qualität. Und die Lösshohlwege sind nicht nur für Touristen attraktiv, sie gehören zum Bild dieser Kaiserstuhllandschaft.
Kulturlandschaft in Südbaden
Eine Landschaft , die zwar den ungezügelten Ausbruch eines Vulkans erlebt und gut überstanden hat, aber es hat heute nichts mehr von einer Wildnis. Das Mittelgebirge hat sich zu einer Kulturlandschaft entwickelt. Die Menschen prägen seit Jahrhunderten das Gesicht dieser Landschaft. Das hat zuallererst damit zu tun, dass die Kaiserstuhlregion den Menschen schon vor Jahrhunderten bot, was man zum Leben braucht: Wärme, Wasser, Wald, fruchtbare Böden. Und der nahe Rhein, der sich bis zur Begradigung vor 200 Jahren nach den Plänen des Flussbaumeisters Tulla durch die gesamte Rheinebene schlängelte. Geblieben sind die Rheinauen, eine Landschaft, die auch das ganze Gebiet mitprägt. Die Römer siedellten hier vor 2000 Jahren und Weinbau gehört garantiert seit über 1000 Jahren immer dazu – dass er regelrecht betrieben wurde, beweisen Aufzeichnungen aus der Kaiserstuhlgemeinde Bötzingen aus dem Jahre 769. Das kleine Mittelgebirge hat viele Häutungen mitgemacht, die Menschen formten die Landschaft natürlich auch zu ihrem Vorteil. Teilweise riesige Rebterrassen wurden in den Siebziger Jahren angelegt, manchmal nicht eben so, dass dies die Landschaft geziert hätte. Es sind die Diskussionen von gestern – auch heute gibt es noch Flurbereinigungen, aber nicht mehr mit dem besten ökonomischen Ergebnis im Vordergrund. Es wäre auch zu schade für diesen Kaiserstuhl, für dieses kleine, aber doch so einmalige Mittelgebirge.